Das 15. Deutsche Fernschachtreffen fand in der Zeit vom 24. Mai bis zum 1. Juni 1969 in Brilon statt.
Brilon liegt in Nordrhein-Westfalen, östliches Sauerland. Bekannt ist Brilon als staatlich anerkannter Luft- und Kneippkurort sowie für seine waldreiche Lage.
Die Nachlese des BdF ist nachfolgend als PDF-Dokument aufrufbar:
Das hier abgebildete Dokument ist ursprünglich in der Technik der Zeit als Matritzenkopien vervielfältigt worden. Es ist in einer (nur) dieser Technik entsprechenden Qualität erhalten geblieben.
In der Ortspresse erschien folgender Artikel:
Schachzüge per Flugzeug, Bahn oder Post unterwegs
Fernschachspieler aus der Bundesrepublik kommen heute zum Pfingsttreffen nach Brilon
Spiel mit unsichtbaren Gegnern - Fernschach, ein Hobby ganz besonderer Art
Brilon. Schachspieler sitzen einander gegenüber an einem Brett mit 64 teils weißen, teils schwarzen Feldern. Abwechselnd ziehen sie die Figuren: König, Dame, Läufer, Springer und Bauern. Drei bis vier Stunden, manchmal auch länger, dauert eine Partie, wenn es sich um einen ernsten Kampf in einem Turnier handelt. Ein solches Turnier beginnt am Pfingstsonntag im Briloner Kolpinghaus anläßlich des Deutschen Fernschachtreffens.
Jedes Jahr einmal kommen Fernschachspieler aus allen Teilen der Bundesrepublik zusammen, um ihre Kräfte unmittelbar zu messen, um sich persönlich kennenzulernen, Freundschaften zu schließen oder aufzufrischen, und eine Woche gemeinsamen Urlaubs zu verbringen. Ansonsten pflegen sie ein Hobby besonderer Art: das Fernschach.
40 nationale Organisationen Fernschach ist ein geistiger Wettstreit mit unsichtbaren Gegnern. Die Post ist der Mittler der gegenseitigen Schachzüge. Gemütlich bleibt man daheim bei Frau und Kindern und schickt die Schachzüge auf Luftpostreise. Die Gegner tun das gleiche: in New York, Moskau, Sydney, Teheran, Helsinki, Tel Aviv und wo auch immer. Überall in der Welt hat das Fernschach zahlreiche Freunde, die sich in ihren Ländern in Verbänden zusammengeschlossen haben. Auch einen Weltverband gibt es; mehr als 40 nationale Organisationen gehören ihm als Mitglieder an.
Auch Weltmeisterschaft Der Weltverband und auch die nationalen Verbände veranstalten laufend Fernschachturniere in mehreren Klassen, also auch für weniger geübte Spieler. Ferner gibt es nationale Meisterschaften und als Krönung die Weltmeisterschaft. Derzeitiger Weltmeister im Fernschach ist Hans Berliner (USA).
Wie die Noten in der Musik überwindet im Fernschach ein Zahlen-Code als Schlüssel für die Zugübermittlung alle Sprachunterschiede. Jedes Feld des Schachbretts ist mit einer Ziffer zwischen 11 und 88 gekennzeichnet. Der Doppelschritt des weißen Königsbauern, mit dem sehr häufig eine Partie eröffnet wird, heißt: 5354. Diese Zahlensprache wird von den Fernschachspielern in der ganzen Welt verstanden.
Im Durchschnitt zwei Jahre Wie lange dauert eine Fernschachpartie? Vergehen nicht mitunter Jahre? Wird das auf Dauer nicht recht langweilig? Naheliegende und berechtigte Fragen. Im internationalen Kampf dauern Fernschachpartien im Durchschnitt zwei Jahre. Doch Langeweile kennen Fernschachspieler nicht! Man spielt ja nicht nur eine einzige Partie. Man spielt in einem Turnier gleichzeitig mit allen übrigen Teilnehmern. In großen Turnieren sind es bisweilen 14 und noch mehr Partien, die jeder gleichzeitig spielt. Dem Fernschachspieler wird also vom Postboten jeden Tag mindestens ein Schachzug ins Haus gebracht. In aller Ruhe kann er sich dann ans Brett setzen und seinen Gegenzug ausknobeln. Im Durchschnitt hat er nach den Turnierregeln drei Tage Bedenkzeit für einen Zug. So kann er das Knobeln am Schachbrett bequem mit seiner Freizeit koordinieren.
Freundschaftliche Kontakte Tag für Tag sind viele zehntausend Schachzüge überall auf der Welt unterwegs per Flugzeug, Bahn oder Schiff. Sie knüpfen ein unsichtbares Netz der Gemeinsamkeit im geistigen Kampf. Zumeist auch ein Netz freundschaftlicher, menschlicher Kontakte. Obwohl die Partner im internationalen Fernschach einander fast niemals persönlich begegnen, lernen sie sich während der Dauer ihres Wettstreits oft recht gut kennen. Man tauscht Fotos aus, berichtet von der beruflichen Arbeit, von persönlichen Freuden und Kümmernissen. Häufig stellt man fest, dass man neben dem Fernschach noch ein anderes gemeinsames Hobby hat: Briefmarkensammeln. So bleibt nicht selten auf dieser Basis der Konnex bestehen, auch wenn die Fernschachpartie längst beendet ist.
Bronze-Medaille gewonnen Der Fernschachverband der Bundesrepublik - Bund deutscher Fernschachfreunde (BdF) - der diesmal sein Pfingsttreffen in Brilon hat, zählt zu den größten und aktivsten Nationalverbänden der Welt. Auch leistungsmäßig erzielten seine Mitglieder international viele schöne Erfolge. Um nur einen zu erwähnen: bei der letzten Fernschach-Olympiade errang die Mannschaft der Bundesrepublik hinter CSSR und UdSSR die Bronze-Medaille.
Weiterhin erschien folgender Artikel am Samstag vor dem Abschluss des Treffens:
Runden nach Schweizer System
Deutsche Fernschachfreunde kamen in das Sauerland
Brilon. Eine gespannte Ruhe scheint die Emsigkeit verbergen zu wollen, mit der die Hirne arbeiten: gedämpfte Dispute, bedächtige Züge an der Zigarette oder an der Pfeife und ab und an ein sparsames, wenn auch entschlossenes Hantieren mit den Figuren auf den 64 schwarzen und weißen Feldern, das mag ein Teil der Atmosphäre sein, die eine Woche lang die Klubräume des Kolpinghauses erfüllte.
Der Bund deutscher Fernschachfreunde war sich in diesen Tagen nahe gekommen, und nach vielen Kämpfen per Brief saß man sich nun ganz persönlich am geliebten Schachbrett gegenüber. Die 40 Teilnehmer des Treffens waren teils mit Angehörigen aus allen Teilen der Bundesrepublik angereist. Bredstedt in Holstein steht als nördlichster, Kempten im Allgäu als südlichster Ort auf der Besucherliste. Ausdrücklich betonen die Schachfreunde, daß sie in der Wahl des Tagungsortes im Sauerland von einem glücklichen Gedanken geleitet waren.
Über Könige, Damen, Türme und Bauern hinweg eroberte man natürlich auch etwas von der Landschaft. Nach einer Stadtbesichtigung standen Ausflüge zum Diemelsee und zu den Bruchhauser Steinen und eine Tagesfahrt über das ganze Rothaargebirge auf dem Programm. Der Auflockerung dienten zwischendurch Minigolf, Briefmarkentausch, ein Kegelabend und ein zünftiger Preisskat, womit bewiesen wäre, daß die Schachfreunde durchaus nicht weltfremde Denker sind, sondern sich gern den Gegebenheiten anpassen.
Ihr Nahschachturnier wird am heutigen Samstag beendet sein, das nach dem Schweizer System über 9 Runden gelaufen ist. Nach 7 Runden hatte sich eine Spitzengruppe gebildet, die von Georg Beisser, Heilsbronn bei Ansbach, angeführt wurde und der noch mit hohen Punktzahlen Gerhard Binder, Karlsruhe, H. Gierse, Freiburg, und Bernhard Hausmann, Nievenheim, angehörten.
Den Schlußakkord des Treffens setzt am morgigen Sonntag ein großes Blitzturnier, das an Kombinationsgabe und Reaktionsvermögen noch einmal enorme Anforderungen stellt. Ein Tonband wird mit den Kommandos: Weiß - Schwarz - Weiß - Schwarz in relativ kurzen Abständen zum Zug zwingen.
Vielbeachtet wurde die mit dem Treffen verbundene Buchausstellung. Das Angebot umfaßte Literatur aus allen Gebieten des modernen Schachspiels und fand viele willige Käufer.
Ergebnisse der Veranstaltungen des 15. Deutschen Fernschachtreffens
Nahschachturnier
40 Teilnehmer 1. Georg Beißer (Heilsbronn) 8 Punkte, 2. Alfred Schupp (Kempten) 6,5 Punkte, 3. Bernhard Haußmann (Nievenheim) 6 Punkte, 4. Gerhard Binder (Stuttgart) 6 Punkte, 5. Dieter Gierse (Freiburg) 6 Punkte, 6. Bernhard Landwehr (Solingen) 6 Punkte.
"Alles auf einen Blick - Wer gegen wen, wann und wie" ist die Überschrift der handgeschriebene Abschlusstabelle, zugleich Paarungstabelle. Turnierleiter Kurt Klar hat im Anschluss an die Tabelle einige Erklärungen angebracht, wie diese zu lesen ist, inwieweit das im Turnier angewendete Schweizer System zu Ungerechtigkeiten führen kann etc. Sicher gab es nicht nur ambitioniertes Schach, sondern auch die eine oder andere Diskussion. Nachstehend findet sich der Link zum eingescannten Originaldokument. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Matritzenvervielfältigung, die etwas schwache Qualität des Dokumentes ist dieser Technik geschuldet.
(Leider sind in den Ursprungstabellen nicht alle Vornamen angegeben, sodass eine entsprechende Abbildung in den vorstehend zusammengestellten Ergebnissen nicht immer möglich ist.)