David Miedema: "The Modernized French Defense - Volume 2, Against the Tarrasch"

von Uwe Bekemann (Kommentare: 0)

David Miedema
The Modernized French Defense - Volume 2, Against the Tarrasch
215 Seiten, kartoniert
ISBN: 9789492510860
19,95 Euro

In "The Modernized French Defense - Volume 2, Against the Tarrasch" stellt der niederländische IM David Miedema ein Repertoire für Schwarz vor, das den Leser gegen die Tarrasch-Variante der Französischen Verteidigung wappnen soll. Es ist Teil 2 einer auf drei Bände angelegten Serie, mit der ein Gesamtrepertoire auf der Basis von 1. e4 e6 2. d4 d5 angeboten wird. "Against the Tarrasch" befasst sich mit dem, was Schwarz im Anschluss an 3. Sd2 veranstalten kann, um "sein" Spiel zu bekommen.


Miedema strebt Spielweisen an, in denen Schwarz mit einem isolierten d-Bauern operiert. Um diese mit größter Wahrscheinlichkeit erreichen zu können, antwortet Schwarz zunächst mit 3. … c5. Der kurze Weg zum Isolani führt dann über 4. exd5 exd5 5. Sgf3 Sc6 6. Lb5 Ld6 7. dxc5 usw.
Im Anschluss an sein Vorwort gibt der Autor einen Überblick über die im Buch behandelten Varianten. Es handelt sich dabei nicht um ein Variantenverzeichnis, das tabellarisch die Zugfolgen zusammenstellt, sondern um eine ausformulierte Darstellung der zentralen Zugfolgen sowie deren Zuordnung zu Kapiteln sowie deren Zusammenhänge und Übergänge. Das frühzeitige Studium dieser Einführung ermöglicht dem Leser die Orientierung, das Erkennen wesentlicher Weichenstellungen, die zu einer bestimmten Spielweise führen, sowie auch die Entscheidung, was er in sein persönliches Repertoire übernehmen will. Das Werk gibt Schwarz die Möglichkeit, sich an verschiedenen Stellen auf eine Alternative im Repertoireangebot zu konzentrieren und andere damit außen vor zu lassen. Die Darstellung von Alternativen, die dem Leser eine Auswahl zwischen Repertoirewegen ermöglicht, ist zwar grundsätzlich nichts Besonderes, in "The Modernized French Defense - Volume 2, Against the Tarrasch" aber sind diese teilweise zu quasi eigenen (Teil-)Repertoires ausgearbeitet.
Ein tabellarisches Variantenverzeichnis enthält das Werk nicht.

Den folgenden und auf die 12 Buchkapitel beschränkten Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis habe ich bestmöglich aus dem Englischen zu übertragen versucht. Eine Übersetzung 1 zu 1 war teilweise nicht möglich, weil dies zu einer Sinnverfälschung hätte führen können.

  • Kapitel 1: 4. c3 (Ein schwacher Weg im Caro-Kann-Stil)
  • Kapitel 2: 5. Lb5+ (Ein freches Schachgebot)
  • Kapitel 3: 4. Sgf3 Sf6 (Universallinie, in der Schwarz erst nach einigen Zügen die gewünschte Richtung anstößt)
  • Kapitel 4: 11. Sb1 (Auflösung der festen Stellung durch Schlagabtausch)
  • Kapitel 5: 4. exd5 exd5 5. Sgf3 Sf6 (Ein neuer Plan mit 7. ... Dxd7)
  • Kapitel 6: 7. ... Sbxd7 (Die üblichen Linien mit 10. Sb3)
  • Kapitel 7: 10. Te1 (Weiß ahmt eine Idee in der Spanischen Partie nach)
  • Kapitel 8: 5. ... Sc6 (Einführung zu 5. … Sc6 und 6. ... cxd4)
  • Kapitel 9: 6. ...Ld6 (Die Einleitung der klassischen Hauptvariante, die dies aber nicht bleiben muss, und wie man dahinkommt)
  • Kapitel 10: 10. h3! (Der richtige Weg)
  • Kapitel 11: 6. ... De7+ (Ein Schachgebot, das Weiß zu einer Entscheidung zwingt und in theoretisch teilweise wenig erforschtes Gebiet führt)
  • Kapitel 12: 5. ...a6!? (Und der Rest).

Miedema schreibt insgesamt unterhaltsam und teilweise auch recht blumig. Die Anforderungen an die Fremdsprachenkenntnisse des Lesers sind mit ordentlichem Schulenglisch insgesamt gut zu erfüllen, gelegentliche bildhafte Formulierungen bilden dabei eine gewisse Ausnahme.
Das Inhaltsverzeichnis ist insoweit ein Vorgeschmack.

Mit seinem Buch zeichnet Miedema auch eine Entwicklung nach, die sein Spiel gegen die Tarrasch-Variante genommen hat. Er hat sich den Einsatz der mit dem Isolani verbundenen Spielweisen in seinen Partien zu eigen gemacht, nachdem er die vorhandene Literatur zu diesen studiert und dabei zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sich die Autoren mit Empfehlungen für Weiß im Spiel dagegen schwergetan haben. Zudem hat er bemerkt, dass Schwarz im Fernschach den Isolani oft nicht scheut und gute Ergebnisse damit erzielt. Entsprechend kommen Erfahrungen aus Fernpartien sehr umfangreich im Buch zum Einsatz.
Ausdrücklich weist Miedema darauf hin, dass Weiß oft leicht besser steht, aber erhebliche Schwierigkeiten hat, daraus etwas zu machen. So kommt es Schwarz auch zugute, dass er auf der Basis eines guten theoretischen Wissens zu praktischen Vorteilen kommen kann, indem sein Gegenüber schlicht schlechter vorbereitet ist.
Anders als in den Hauptlinien der Französischen Verteidigung hat Schwarz in Systemen mit isoliertem d-Bauern keine feste und an Schwächen arme Bauernstruktur. Dafür aber kommt er leichter zu einem guten Figurenspiel, in das auch der Damenläufer leichter eingebunden werden kann.
Wenn Spielweisen im Fernschach mit Erfolg gespielt werden können, heißt dies nicht, dass sie zu gleichen praktischen Chancen in der Partie Auge in Auge führen müssen, denn im Fernschach ist der Computer bei der Behandlung komplizierter und auf längere Sicht zu bewältigender Stellungen behilflich. Dies berücksichtigt Miedema, vielleicht auch besonders unterstützt durch seine eigenen Turniererfahrungen.

"The Modernized French Defense - Volume 2, Against the Tarrasch" wartet mit einigen Neuerungen auf. Dies kann den gut vorbereiteten Spieler mit Schwarz zusätzlich mit Überraschungspotenzial ausstatten.

Miedema erklärt intensiv und versucht dabei, beim Leser ein Verstehen des Stoffes zu begünstigen. Es geht nicht darum, sich konkrete Varianten einzuprägen.
Dabei macht er einen sehr souveränen Eindruck auch dadurch, dass er die Zusammenhänge, Unterschiede und Übergänge zwischen einzelnen Systemen und Spielweisen beinahe durchgehend aufzeigt. So kann der Leser sich quasi wie mit einem Navi im Stoff bewegen. Auch hilft dies ihm dabei, für sein persönliches Repertoire (trickreiche) Wege zu finden.
Am Ende der Kapitel findet er eine auf die wesentlichen besprochenen Aspekte konzentrierte Zusammenfassung. Zumindest bei mehreren Kapiteln halte ich es für hilfreich, zunächst sogar einen Blick hierein zu werfen, um sich schon entsprechend vorbereitet dem detaillierten Stoff zu widmen.

Miedema bemüht sich nach meiner Einschätzung um neutrale und objektive Einschätzungen und versucht nicht etwa seine Repertoireempfehlungen für Schwarz zu günstig darzustellen. Auch die Möglichkeiten für Weiß werden gut berücksichtigt.

Fazit: "The Modernized French Defense - Volume 2, Against the Tarrasch" ist ein gelungenes Repertoirebuch, das sich in eine dreibändige Serie einbettet. Es ist ohne jede Einschränkung ohne die weiteren Bände nutzbar. Das Repertoire ist für Schwarz zusammengestellt und strebt Stellungen mit einem isolierten d-Bauern an. Im Rahmen der Wege, die Schwarz im Repertoire empfohlen werden, ist es auch für den Leser nutzbar, der sich für das Spiel mit Weiß präparieren möchte.
Das Werk stützt sich intensiv auf Erfahrungen aus dem Fernschachspiel.
Es verdient m.E. eine klare Kaufempfehlung.

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann zur Verfügung gestellt.

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