Cyrus Lakdawala: "How to Beat Magnus Carlsen"

von Uwe Bekemann (Kommentare: 0)

Cyrus Lakdawala
How to Beat Magnus Carlsen
304 Seiten, kartoniert
ISBN: 978-90-5691-915-3
19,95 Euro

Wenn ein Buch mit dem Titel „How to Beat Magnus Carlsen“ erscheint, stellt sich schnell die Frage, an welchen Leser es sich richtet. Wäre das Werk als konkreter Ratgeber ganz im Sinne dieses Titels gedacht, so könnte es die Allermeisten von uns nicht ansprechen, da wir kaum einmal eine Gelegenheit haben werden, uns mit dem Weltmeister zu messen. Und die wenigen Spitzenkönner im Weltschach, denen sich solche Gelegenheiten bieten, werden ganz sicher eigene Konzepte, Strategien und Pläne entwickeln und sich kaum auf ein Exemplar aus dem Bücherregal gestützt ins Duell mit Magnus Carlsen begeben.


So liegt es relativ klar auf der Hand, dass der Verfasser dieses Werkes, der bekannte US-amerikanische Autor und Internationale Meister Cyrus Lakdawala seine Arbeit mit einer anderen Intention geleistet haben muss. Er will den Leser aus den Stärken des Weltmeisters lernen lassen, verbunden mit dem Anspruch, als Gegner möglichst chancenreich dagegen zu spielen. Gleiches gilt für die dem Weltmeister nur gelegentlich unterlaufenden Schwächen. Mit diesen verbindet sich zudem das Ziel des Autors, die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zu erkennen und für sich zu nutzen.
How to Beat Magnus Carlsen“ ist bereits 2020 bei New In Chess (NIC) erschienen, aber völlig zeitlos. Nichts aus diesem Werk unterliegt einem Verfallsdatum.
Lakdawala will mit seinem Buch nicht nur dozieren, sondern auch unterhalten. Er macht dies mit einer bildorientierten und blumigen Sprache, für die er als Autor berühmt ist. Es liegt beim Leser, ob er dies als positiv oder negativ bewertet. Wer seine englischen Fremdsprachenkenntnisse als gut einschätzt, wird den Sprachstil des Autors zuvorderst als kurzweilig empfinden. Für den weniger gut damit ausgestatteten Leser macht dieser das Verstehen etwas schwerer.

Lakdawala hat sein Werk in 8 Kapitel gegliedert. Da deren Überschriften zumeist keinen ausreichenden Rückschluss auf den jeweiligen Inhalt zulassen, lohnt sich deren Bezeichnung in der Rezension nicht. Die Kapitel befassen sich thematisch mit den folgenden Schwerpunkten:

  • Kapitel 1: Carlsen entzieht sich der Niederlage aus einer (sehr) schlechten Stellung heraus.
  • Kapitel 2: Er wird überspielt.
  • Kapitel 3: Er überzieht.
  • Kapitel 4: Er fasst einen falschen Plan oder verkennt die Stellungsanforderungen.
  • Kapitel 5: Die Eröffnung misslingt ihm, z.B. weil sein Gegner ihn aus seinem Repertoire bringt.
  • Kapitel 6: Er macht einfache Fehler.
  • Kapitel 7: Sein Zeitmanagement versagt.
  • Kapitel 8: Dieses Kapitel beinhaltet nur eine Auflistung von Spielern, die eine positive Bilanz gegen Magnus Carlsen haben (im Internet gespielte Blitzpartien einbezogen).

Basis der Betrachtungen sind 85 Carlsen-Partien, die überwiegend vollständig, teilweise als Fragmente, und in einer kommentierten Fassung im Buch abgebildet sind. Die Kommentierung dient nicht allein der Offenlegung aller Geheimnisse der Partie, sondern zugleich dem Schulungsanliegen des Autors. So finden sich neben Kommentaren, wie sie auch in Partiensammlungen zu finden sind, Aufzählungen von Stellungsmerkmalen und –aspekten, Schritten in der Planung, Beschreibungen von Prinzipien der Spielführung etc. darin. Weiterhin sind gezielt Hinweise, Fragestellungen und Aufgaben eingearbeitet, mit denen sich der Leser befassen soll. Mit „Moment of Contemplation“ sind Situationen gekennzeichnet, an denen der Autor verschiedenartige Hinweise gibt. Diese können eine Erläuterung anbieten, ebenfalls ein Prinzip in der Spielführung bezeichnen, Hintergrundinformationen geben und mehr. Die vom Leser zu bearbeitenden Aufgaben sind jeweils auf eine bestimmte Fähigkeit, die sie stärken sollen, konkretisiert. Mal geht es darum, eine kritische Entscheidung zu treffen, dann soll etwas Kombinatorisches gefunden werden etc. Die Lösung ist jeweils in die nachfolgende Kommentierung eingearbeitet.

Die Kommentierung ist nicht allein auf Lakdawalas persönliche Erkenntnisse beschränkt. Er hat auch fremde Kommentare verwendet, so beispielsweise von Carlsen sowie dessen früheren Gegnern im Kampf um die WM-Krone Anand und Caruana. Im Quellenverzeichnis auf der letzten Seite des Buches sind alle entsprechenden Namen aufgeführt.

Als Adressaten des Werkes sehe ich den Spieler ab dem unteren Klubbereich, der als Fremdsprachler sich auch den Umgang mit englischsprachigen Texten zutraut, die im Vokabular und auch aufgrund von Metaphern nicht immer leicht zu verstehen sind.

Fazit: „How to Beat Magnus Carlsen“ ist ein gelungenes Buch, das den Leser unter einer Orientierung an der Praxis des Weltmeisters Magnus Carlsen schulen und auch unterhalten soll. Es gibt praktische Ratschläge und Tipps für alle Phasen einer Partie. Die Einbindung des Lesers u.a. durch Aufgabenstellungen fordert dessen Urteilsvermögen, seine kombinatorischen Fähigkeiten, sein Planungsvermögen und mehr heraus und dient gleichzeitig dem Erhalt der Motivation.

Das Werk ist als „Allrounder“ auch als Geschenk an den Schachfreund mit ausreichenden Fremdsprachenkenntnissen geeignet, dem man etwas zu seinem Hobby unter den Weihnachtsbaum legen möchte.

Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der Firma Schach E. Niggemann zur Verfügung gestellt.

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